Die Batterie / Startprobleme kalte Jahreszeit

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Fichte
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Die Batterie / Startprobleme kalte Jahreszeit

Beitrag von Fichte » Sa 17. Jul 2021, 20:11

Werte Forenteilnehmer, wir widmen uns dem Thema Batterie und dem Startverhalten unserer leichten vierrädrigen Fahrzeugen in der kalten Jahreszeit und wissen wieder einen eloquenten Ansprechpartner an unserer Seite, Rolf.

Interviewer: Rolf, warum starten unsere Fahrzeuge so schlecht in der kalten Jahreszeit?

Rolf: moin,

Aaaaalso:

Durch tiefe Temperaturen wird erstens das Öl dicker/zäher und bietet so dem Anlasser einen größeren Wiederstand ( Der Anlasser hat etwa 1Kw Leistung, heißt er zieht etwa 100 Amp, ausserdem verfügt der Anlasser über ein Planetenvorgelege welches die Drehzahl zugunsten höherer Drehmomente herabsetzt )

Zum zweiten wird durch tiefe Temperaturen die Leistungsfähikeit der Batterie herabgesetzt was dem Startvorgang negativ beeinflusst.

Nach dem Starten ( also der Motor läuft ) ist es bei dem Motor leider so, das die Lichtmaschine nicht genügend Leistung hervorbringt, und wenn dann nur im oberen Drehzahlbereich, so das kaum oder nicht gewährleistet werden kann das alle benötigten Verbraucher während der Fahrt versorgt werden können, zulasten der sowieso schon leistungsgeminderten Batterie.

Nur logisch also, das eine praktisch nicht geladene Batterie das kalte Auto nicht starten kann.

So, die Frage die nun im Raume steht, ist nun folgende: Was konkret ist der Grund für das schlechte Startverhalten ?
Diese Frage läßt sich leider nicht in einer Sache begründen, die mehr oder weniger einfach abgeändert werden kann - leider !

Es handelt sich um verschiedene Ursachen, welche zT Konstruktionsbedingt ihren Ursprung haben, alsauch in der zusammenführung der Komponenten im Herstellungsvorgang des Fahrzeugs.

Schauen wird die Misere einmal chronologisch in ihren Auswirkungen an:

Es ist kalt, etwa 2 Grad +.
Das letzte mal lief der Motor letzte Woche Dienstag, also etwa 8 Tage her.
Bei der letzten, ersterbenden und kraftlosen Motorumdrehung, drückte ein lustloser Dieselstrahl noch aus der Einspritzdüse und blieb an der Einspritzdüsenöffnung im heissen Motor hängen.

Die Hitze des Motor´s läßt den Diesel auskochen, so werden die leicht flüchtigen Stoffe ausgedünstet. Zurück bleibt ein harzig, klebriger Rest welcher die Einspritzdüse verklebt, sich jedoch bals nach Einsetzendem erneuten Einspritzen abwäscht.

Die Batterie, von der letzten Fahrt bei Dunkelheit und Regen kaum geladen, hat durch die letzte Woche nahe dem Gefrierpunkt noch einiges an Leistung verloren.

Das Öl, auch wenn es noch recht frisch und unbenutzt ist, ist auch durch die tiefen Temperaturen recht zähflüssig.

Wir stecken nun den Sclüssel ins schloß und schalten auf Vorglühen.

Die Glühkerzen ziehen bei guter Batterie je 15 Ampeere und erreichen eine Temperatur von etwa 850 °C.
Da aber die Batterie in unserem Auto nicht mehr ganz soo gut ist, kann sie die benötigten Ampeere nicht im vollen Umfang liefern - zudem erschwert ein zu dünnes Kabel und korrodierte Anschlüsse den Stromfluss.

Die Glühkerzen kommen zwar auf Temperatur, aber nicht so hoch wie vorgesehen.
Nachdem das Vorglühlämpchen ausgegangen ist, glüht die Anlage aber noch weiter.
Der Anlasser wird betätigt und der Motor beginnt zu drehen.

Jetzt passieren mehrere Sachen gleichzeitig:

Durch die Belastungen im schwachen Stromnetz, das Glühen, die Kontrolllampen usw, wird in dem Moment in dem der Anlasser angeht, der Stromfluß zur elektrischen Dieselpumpe zusammenbrechen - zumal auch dieses Anschlusskabel vom Hersteller zu dünn gewählt wurde und auch hier die Anschlüsse korrodiert sind.

Der Motor dreht nun, bekommt aber kein Treibstoff.

Der Anlasser dreht den Motor, wird aber durch zähfließendes Öl behindert, so das die Nenndrehzahl, trotz vorgelege, nicht erreicht wird. Ausserdem wird durch den mangelnden Strom dem Anlasser viel seiner Kraft entzogen.

Durch die schwache Elektrik und das langsame drehen des Motors erreicht weder die Glühkerze ihre Nennwärme noch die komprimierte Luft ihre Zündfähigkeitstemperatur. Die entstehende Wärme wird durch die große Menge an Aluminium, aus der Bauform des Motor´s gezogen. Die Einspritzung des Treibstoff´s wird durch die möglichen Rückstände an der ESD verändert so das ein Zündfähiges Gemisch nicht zustande kommt - wenn die Dieselpumpe überhaupt Treibstoff liefern kann.

Nachdem das Glühlämpchen ausgegangen ist ( Vorglühphase )glüht die Anlage nochmal so lange weiter ( Nachglühphase )
Geht die Glühanlage endgültig aus, wird die elektrische Anlage schlagartig weniger belastet ( ca 30 Amp ) und die Dieselpumpe kann wieder liefern, der Motor kann anspringen, wenn die Drehzahl des Anlassers noch ausreicht die Luft so schnell zu komprimieren das die Zündung eingeleitet werden kann. Ist mittlerweile der Anlasser jedoch aus mangel an Batterieleistung zu langsam, nudelt er einfach weiter, da die langsam komprimierte Luft zu schnell im kalten Motor abkühlt durch den Baustoff.

Fazit:
Drehzahl des Anlassers ist im kalten Motor einfach alles. Je höher der Anlasser dreht, desto besser springt der Motor an.
Haben wir dem guten Lombardini auf Kühlschrankniveau vor uns, muss uns das bewusst sein. Größere Motoren bieten deutlich weniger Baumaterial im Verhältniss.
So haben wir einen Umstand, an dem wir nichts ändern können.

Eine kalte Batterie verliert Leistung. Dieser Umstand ist auch nicht zu ändern, jedoch die Ladeleistung ist manipulierbar.
Eine gute Lichtanlage im Fahrzeug ist die einzige Möglichkeit eine Batterie im Winter wenigstes halbwegs zu laden.

Kommen zu den Verbrauchern auch noch schlechte Kabel und Verbindungen hinzu, so ist es ratsam vor jedem Anlassen des Motor´s die Batterie mit externem Ladegerät ausreichend zu laden.

Ist im Lombardinimotor eine externe Lichtmaschine verbaut, so ist durch bessere Ladeleistung dieses Problem etwas geringer.

Zusammengefasst bedeutet das, das eine gute elektrische Verbindung zu gewährleisten ist. Auch ist die Batterie derart zu pflegen das sie nicht durch zu viele Tiefentladungen vorzeitig altert.

Da bei Kälte der Anlasser schon genug zu arbeiten hat, so sollte das Öl dem Rechnung tragen. Ein dünnflüssiges Öl ist auch kalt dünnflüssiger und somit wiederstandsreduziert als dickflüssiges Öl. ( Herstellervorgaben beachten )

Letztlich sollte der Motor auch im Sommer und auch im warmen Zustand schnell anspringen, nicht rauchen und nicht stottern. Denn: Tut er das im Sommer, wird er´s im Winter nicht weniger tun.

Heist: Immer auf gute Ventieleinstellung achten. Filter sollten gut durchlässig sein. Entsprechend der Jahreszeit Winterdiesel tanken. Auf Zusätze im Diesel kann dann getrost verzichtet werden.

Quellen: ( bitte Gesamtbeiträge beachten, dazu ggf auf Beitrag 1 scollen )
viewtopic.php?f=11&t=5542
viewtopic.php?f=9&t=5213
viewtopic.php?f=1&t=6327&p=55938&hilit= ... hen#p55938
https://up.picr.de/34011672va.pdf
viewtopic.php?f=11&t=4816&p=37415&hilit ... den#p37415

Is doch eigentlich ganz einfach, logisch und mit kurzem Wort verständlich erklärt :D

Interviewer: Ähm.. :shock: ja……

Ach übrigens: Durch die automatische Einspritzverstellung, welche bei Stillstand des Motor´s auf 100% steht, sollte ein " Gasgeben " während der Startphase eigentlich unnötig sein - mehr als Vollast kann der Motor nicht.
Problem nur: Bei den ersten Zündungen verstellt sich die Automatik gleich auf Standgas, was so manchem Motor in der Kälte nicht reicht, diese deshalb schneller wieder aus sind als sie an waren.
Daher muss bei jedem Motor individuell geschaut werden ob und wieviel " Gas " der Motor braucht.
Urteile nie über einen anderen, bevor Du nicht einen Mond lang in seinen Mokassins gelaufen bist.

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